Interview

Naturburschen unter sich

Gerhard Weiser (46) und Elias Rutke (12) im Gespräch über Umwelt, Gemeinschaft und die Frage, was der Einzelne für die Welt von morgen tun kann

Gerhard, Du koordinierst den „Alpinen Studienplatz“ an vier Jugendherbergen in Oberbayern. Was genau verbirgt sich hinter diesem Titel?

Der Alpine Studienplatz ist ein Programmangebot an den Jugendherbergen Mittenwald, Garmisch, Oberammergau und Walchensee. Es richtet sich in der Hauptsache an Schüler, aber auch Familien, Vereine und andere Gruppen sind angesprochen. Es geht um pädagogische Programme, in denen wir den Teilnehmern den komplexen Natur- und Kulturraum der Alpen nahebringen.

Seit wann gibt es dieses Programm?

Angefangen hat es 2003 in der Jugendherberge Mittenwald, da habe ich als freiberuflicher Sozialpädagoge die ersten Ideen in diese Richtung entwickelt und angeboten. Als 2004 und 2005 dann das Haus in Garmisch umgebaut wurde, kam der Gedanke, dieses Themenfeld auszubauen, so entstand analog zu den damals bereits bestehenden Umwelt- und Kulturstudienplätzen der Alpine Studienplatz. Und inzwischen sind wir eben in vier Häusern am Start.

Gerhard, wenn man Dich sprechen hört, kommt einem fast der Verdacht, dass Du von hier stammst…

Gerhard: (grinst) Ich komme aus Mittenwald und wohne in Partenkirchen.

Elias Rutke (12) ist Botschafter der Kinder- und Jugendinitiative „Plant for The Planet“.

Gerhard Weiser (46) koordiniert den „Alpinen Studienplatz“ an den Jugendherbergen Mittenwald, Garmisch, Oberammergau und Walchensee.

Siehst Du Dich als einen heimatverbundenen Menschen?

Gerhard: (zögert kurz) Ja, das kann man schon sagen. Im positiven Sinne. Ich bin jetzt nicht im Trachtenverein oder so – aber ich hänge auf alle Fälle an dieser Gegend. Und natürlich bin ich gerne draußen in den Bergen unterwegs.

Elias: Ich auch. Im Sommer gehe ich oft Wandern und Klettern, und im Winter fahre ich viel Ski. Außerdem bin ich in Murnau bei den Pfadfindern aktiv, da sind wir auch immer draußen, machen zum Beispiel Hikes und Lager.

Gerhard: Ich denke, was uns von den Jugendherbergen mit den Pfadfindern verbindet, ist der Zweiklang von Natur und Gemeinschaft. Beides gehört für uns zusammen. Man kann natürlich auch alleine in die Wälder gehen, aber es geht uns darum, in der Gruppe die Natur zu erleben und sich auch einmal an ihr zu reiben, sie dabei kennenzulernen und zugleich eine Menge über sich selbst zu erfahren. Das funktioniert in der Gruppe einfach viel besser. Und in der Gemeinschaft tauchen immer neue Fragen nach Ursachen und Zusammenhängen auf. Es ist ja nicht besonders interessant, nur zu lernen, wie eine Pflanze am Wegesrand heißt. Spannend ist, herauszufinden, warum sie genau dort wächst, und warum anderswo vielleicht gerade nicht. Außerdem gehen wir über die klassische Umweltbildung hinaus: Für uns gehören in die Alpen auch sportliche Erlebnisse wie Rafting, Klettern oder Skilaufen. Hier vermitteln wir ganz nebenbei auch ökologische Aspekte.

Also geht es beim Alpinen Studienplatz um mehr als Lehrbuchwissen.

Gerhard: Ganz genau. Aus dem eben erwähnten Zweiklang von Umwelt und Gemeinschaft wird ein Akkord: Gemeinsam erleben die Teilnehmer unsere Umwelt und erkennen Zusammenhänge – auch zu ihrem eigenen Leben. Und aus den gewonnenen Erkenntnissen entwickelt sich im Idealfall eine Motivation, das eigene Handeln zu überprüfen und vielleicht auch hier und da zu ändern. Dabei sind wir allerdings nicht ideologisch: Wir wollen keine Meinung vermitteln, sondern unseren Teilnehmern Impulse geben, sich selbst Gedanken zu machen.

Da gehst Du, Elias, einen Schritt weiter. Du bist als „Botschafter für Klimagerechtigkeit“ für die Organisation „Plant for the Planet“ aktiv. Was willst Du, was will „Plant for the Planet“ bewirken?

Elias: „Plant for The Planet“ ist eine Kinder- und Jugendinitiative. Es gibt uns seit 2007, der Gründer Felix Finkbeiner war damals erst neun Jahre alt. Wir wollen Bäume pflanzen, um den CO2-Ausstoß wiedereinzufangen, und damit etwas für den Klimaschutz tun. 

“Gemeinsam erleben die Teilnehmer unsere Umwelt und erkennen Zusammenhänge – auch zu ihrem eigenen Leben.”

Am Fuße der Alpen: Gerhard Weiser und Elias Rutke im Gespräch.

Aber wenn ich mich hier in Bayern so umschaue, dann sehe ich jede Menge Bäume…

Elias: Das stimmt. Die Sache geht so: Wir sammeln in reichen Ländern Geld, um dort Bäume zu pflanzen, wo welche gebraucht werden. Als Botschafter hat man die Aufgabe, bei Aktionen mitzumachen und die Idee weiter zu verbreiten.

Gerhard: Elias, ich finde es toll, was Du machst, und Du machst es auch total gut. Und ich sehe schon wieder eine Gemeinsamkeit. Wir machen uns Gedanken über die Welt, wie sie in vielleicht 50 oder 100 Jahren ist, und geben uns Mühe, verantwortungsvoll zu handeln.